von Jan und David (9e)
„Das ist nicht wie Borussia Dortmund, Bayern München oder RB Leipzig!“
Interview mit Keven Schlotterbeck vom SC Freiburg
Du bist gerade vom Training gekommen. Wie läuft eine Trainingswoche normal und wie während der Länderspielpause ab?
Keven: Trainingswochen in der Länderspielpause sind für uns Spieler sehr angenehm. Am Montag hatten wir Spielersatztraining, der Dienstag war frei. Am Mittwoch war wieder eine Einheit auf dem Platz und am Donnerstag hatten wir ein Testspiel gegen Basel, das wir 2:0 gewonnen haben. Am Freitag hatten wir ein kleines Regenerationstraining und für das Wochenende hat uns der Trainer frei gegeben. Am heutigen Montag beginnt für uns wieder eine “normale” Woche und die Vorbereitung auf das Bundesligaspiel bei Borussia Mönchengladbach. Da ist das Training dann intensiver und wir haben Dienstag und Mittwoch Doppeltraining. Da geben wir dann wieder richtig Gas.
Du bist ja in Weinstadt aufgewachsen, mit deinem Bruder Nico. Wer war denn früher eher der brävere, und wer hat eher mehr Streiche gespielt?
Keven: Ich glaube, der Nico war eher der aktivere von uns beiden und mehr unterwegs in seiner Jugend. Ich war eher jemand, der sich gerne zurückgezogen hat und auch in seinem Zimmer gerne mal für sich alleine war.
Dann hast du ja von 2015 bis 2017 bei Weinstadt gespielt, und in 57 Spielen 11 Tore geschossen. Warst du damals überhaupt Innenverteidiger?
Keven: Ja, ich habe da als Innenverteidiger gespielt. Da war es noch „einfacher“, als jetzt in der Bundesliga zu treffen. Da konnte ich mein Kopfballspiel noch ein bischen besser einsetzen als jetzt.
Dann bist du zum SC Freiburg 2 gewechselt. Was haben deine Eltern gesagt, als du nach Freiburg gegangen bist?
Ich habe mein Abitur gemacht, kurz bevor ich zu Freiburg II gewechselt bin, das war meinen Eltern wichtig. Mit meiner Mutter habe ich abgesprochen, dass ich es versuchen soll, zu den Profis zu schaffen. Wenn das nicht klappt, würde ich dann eine Ausbildung oder ein Studium anfangen. Und ich bin jetzt einfach froh, dass ich es so weit gebracht habe und bin einfach glücklich, dass ich jetzt Bundesliga spielen darf. Mama und Papa waren auch stolz, dass ich es durch einen eigenen Weg, den ich so gegangen bin, es auch so geschafft hab.
Dein Bruder Nico ist ja auch Fußballprofi bei Union Berlin, dein Onkel Niels war Fußballprofi. Liegt es in der Familie, dass du auch Fußballprofi geworden bist?
Ich glaube, wir sind einfach eine fußballverrückte Familie. Mein Onkel Niels hat uns sehr viel beigebracht in der Jugend, aber auch mein Papa hat sehr gerne Fußball gespielt. Er hat es dann aber leider nicht so weit geschafft wie unser Onkel, aber generell unterstützt uns einfach die gesamte Familie auf dem Weg, den wir gehen. Aber auch wenn es bei Nico und mir nicht geklappt hätte, hätten sie uns genauso unterstützt – dann halt auf den Amateurplätzen in Backnang oder in Kirchheim, wo ich auch gespielt hab.
War dann früher eher dein Onkel dein Vorbild, oder gab es da andere Bundesliga-Spieler, die dein Vorbild waren?
Da ich ja eigentlich ausgebildeter Sechser bin, waren früher Xabi oder Iniesta meine Vorbilder. Über meinen Onkel Niels habe ich immer nur Geschichten gehört, wie gut er früher war, und habe auch ein paar Tore von ihm gesehen, von daher hat er mir da schon einiges beibringen können, auch durch seine Fußballschule. Aber Xabi und Iniesta waren da schon eher die Vorbilder.
Du bist ja nach dem Sprung zu Freiburg ein Jahr zu Union Berlin gegangen, als Leihe. Ist deine Karriere dadurch so richtig ins Rollen gekommen?
Ja, ich habe 26 Spiele für Union Berlin gemacht und in meinem noch jungen Alter braucht man einfach Spielpraxis. Deswegen war es für mich dann auch der richtige Schritt, zu Union Berlin zu gehen. Ich habe natürlich gehofft, dass es dann so gut läuft, aber vor der Saison kam dann auch Neven Subotic zu Union und sie haben Marvin Friedrich von Augsburg fest verpflichtet. Als dann auch noch Florian Hübner kam hatte ich nicht erwartet, dass es so gut läuft. Aber ich habe mich durchgesetzt und ich bin einfach nochmal ein, zwei Schritte weitergekommen. Man kann schon sagen, dass der Zug ein bisschen schneller rollt als davor.
Was hat dich denn an Union Berlin gereizt. Dass es so ein ähnlicher Verein wie Freiburg ist, die wenig Geld haben, und dann auf Talente setzten?
Ja, vom Charakter sind beide Vereine gleich. Sehr familiär, die Jungs sind alle super, die Fans sind wahnsinnig laut. Union hat eine vergleichsweise erfahrenere Mannschaft, z. B. mit Max Kruse oder Robin Knoche. Aber es gibt dort auch junge Talente, wie Leon Dajaku, den sie im Winter von Bayern geholt haben, oder meinen Bruder. Sie versuchen eine gute Mischung aus alt und erfahren und jung und talentiert zu finden. Ich glaube, dadurch kann man die beiden Vereine auch vergleichen, da beide genau wissen, was sie zur Verfügung haben. Das ist nicht wie Borussia Dortmund, Bayern München oder RB Leipzig, wo du einfach mal kurz 30 Millionen für einen zahlen kannst, sondern du musst schauen, dass du mit dem Budget, das du hast, mit den größten Clubs in Deutschland mithalten kannst. Und ich glaube, dieses Jahr sieht man es, dass beide Mannschaften sehr erfolgreich sind, mit dem was sie haben.
Seit dieser Saison hast du mehr Einsätze und spielst öfter. Lag das an der Leihe zu Union, oder an was lag es noch?
In meinem ersten Profijahr musste ich mich erstmal an alles gewöhnen, weil es für mich alles sehr ungewohnt war. Ich hätte mir es vor drei Jahren nie erdacht, dass ich mal mit einem Christian Günter, Chicco Höfler oder einem Mike Frantz, der jetzt nicht mehr da ist, mal trainieren und spielen darf. Und dann hatte ich natürlich auch ein bisschen Glück bei meinem ersten Spiel, dass wir nur 18 Mann waren und Trainer Christian Streich mich reingeworfen hat. Es war also Können und Glück, es gehört beides auch dazu. Durch die Erfahrung und die Spiele, die ich dann bei Union gesammelt hab, und ich glaube, ich habe auch gute Spiele gemacht bei Union Berlin, konnte ich dann natürlich dem Trainer auch zeigen, dass er auf mich setzen kann dieses Jahr. In dem ersten Jahr war es natürlich auch nicht so einfach, weil einfach gestandene Profis vor mir waren, wie Philipp Lienhart, Dominique Heintz oder Manuel Gulde. Es läuft gerade einfach so, wie ich es mir vorstelle.
Du bist jetzt schon drei Jahre in Freiburg. Würdest du jetzt eher sagen, du bist ein Schwabe, oder schon ein Badner?
Ich glaub, ich bin schon noch Schwabe, weil ich ja 20 Jahre in Weinstadt gelebt habe und in Stuttgart auf die Schule gegangen bin. Von daher bin ich schon Schwabe, auch wenn meine Mutter aus Pforzheim kommt und auch bisschen badisch in mir drin ist. Also ein bisschen von beidem.
Der SC Freiburg spielt diese Saison wieder sehr gut, auch wenn es viele Abgänge von zum Beispiel Luca Waldschmidt oder Alexander Schwolow gibt. Wie schafft der SC es trotzdem, mit vorne dabei zu sein in der Tabelle?
Das wichtigste ist einfach die mannschaftliche Geschlossenheit von Trainerstab über das Funktionsteam bis zur Mannschaft. Ich glaube, da sind einfach alle so auf einer Wellenlänge, man versteht sich sehr gut, kann miteinander lachen. Das ist nicht überall so, glaube ich. Und wir haben mit Ermedin Demirovic einen sehr guten Stürmer verpflichtet und mit Baptiste Santamaria einen sehr guten Sechser. Für das Team bedeutet das einfach, die neuen Jungs aufzunehmen und ihnen das mitzugeben, was hier schon in den letzten Jahren erfolgreich vorgelebt wurde.
Diese Saison gab es ja schon 2 Spiele gegen Union Berlin, wo dein Bruder spielt. Beim Rückspiel gab es eine Niederlage, musstest du dir dann ein paar Sprüche von deinem Bruder anhören?
Ja, ich glaube ein, zwei Sprüche hat er mir dann schon gedrückt, aber das ist ja normal unter Geschwistern. Irgendwann ist das dann aber auch wieder vergessen, weil es dann wieder um die nächsten drei Punkte geht.
Eigentore… Der Albtraum jedes Fußballspielers, gegen Frankfurt ist dir so etwas passiert, was geht in solchen Momenten im Kopf vor?
(Lacht) Mir ist im Kopf dann schon rumgeschwirrt: Mist, jetzt liegt man 2:1 vorne gegen eine starke Frankfurter Mannschaft und dann muss der Ball ausgerechnet mir unterm Fuß durch rollen. Ab dem Anpfiff liegt der Fokus dann aber wieder auf dem Spiel. Aufstehen, weitermachen!
Christian Streich ist jetzt schon 9 Jahre Trainer beim Sportclub Freiburg, man hat schon viel mit ihm erlebt, wie zum Beispiel der Bodycheck von David Abraham und viele witzige Interviews, kannst du dir den SC Freiburg überhaupt ohne ihn vorstellen?
Das zeichnet den SC Freiburg aus, dass hier nicht das Trainerkarussell angeschmissen wird. Man sieht es durch die ganzen Talente die verpflichtet werden und dann wieder teurer verkauft werden. Klar wird es komisch sein, wenn Herr Streich irgendwann nicht mehr da ist, weil die Zeit von jedem auch kostbar und knapp ist. Aber ich denke, er hat noch einige Jahre vor sich als Trainer hier.
Diese Saison ist der SC Freiburg mal wieder gut oben dabei und nächste Saison wird die Conference League eingeführt, wäre es für dich und den SC Freiburg attraktiv dort zu mitzuspielen?
Ehrlich gesagt habe ich mir über so was noch keine Gedanken gemacht, für mich gab es bis jetzt immer nur die Champions League und die Europa League. Klar wäre es mal interessant in andere Länder zu reisen und gegen andere Mannschaften zu spielen. Auf der anderen Seite war diese Saison so vollgepackt, mit einer kurzen Winterpause. Da ist es für die Spieler auch wichtig auf den Körper zu achten und nicht durch permanentes Spielen in eine Verletzung reinzurattern.
Gerade während der Corona Pandemie ist Berufsfußball erlaubt, der Amateur Fußball jedoch komplett ausgesetzt. Was meinst du dazu?
Viele Schüler gehen ja zurzeit mit Maske in die Schule und sitzen dort aufeinander. Aber warum ihr dann nicht in kleinen Gruppen draußen an der Luft Fußball spielen dürft, kann ich nicht nachvollziehen.
Nils Petersen, dein Mitspieler, wurde ja positiv auf Corona getestet, was macht das mit der Mannschaft und hat man da Angst sich selbst anzustecken?
Angst nicht, aber Respekt sicherlich. Weil man weiß, dass man zwei Wochen ausfallen kann und dann wieder Zeit braucht um in die Mannschaft zu kommen. Deswegen ist es wichtig, dass man vorsichtig ist und sich an die Hygieneregeln hält.
Nach einem Sieg gibt es bestimmt bisschen Party, wer ist denn der Stimmungsmacher?
Nee, Party gibt es nicht. Gerade wegen Corona achten wir schon darauf Abstand einzuhalten und Maske aufzuziehen. Aber sonst ist der Vincenzo Grifo weit vorne dabei mit seinen lockeren Sprüchen und Johnny Schmid hat auch immer einen lustigen Satz parat. Es gibt so unterschiedliche Charaktere und das zeichnet eine Fußballmannschaft aus.
Nächste Saison spielt der SC Freiburg im neuen Stadion, freut man sich als Spieler mehr auf das Neue oder vermisst man das alte Stadion eher?
Ein bisschen von beidem. Ich denke wenn man schonmal so ein schönes neues Stadion aufbaut, dann freut man sich natürlich auch darin zu spielen. Und mit 12000 Zuschauern mehr ist die Stimmung sicher noch mal besser. Jedoch wird man das Schwarzwaldstadion auch vermissen wird, weil es besonders war.
Bist du optimistisch, dass es nächste Saison genau so gut, beziehungsweise besser läuft?
Auf jeden Fall. Wenn man nicht optimistisch ist, ist man im falschen Beruf.
Ist für den SC Freiburg in dieser Saison ein internationaler Platz möglich?
Ja, ich hoffe doch. Wenn man so eine gute Saison spielt, muss man sich belohnen.